Weiter die dänische Westküste entlang… - Reisebericht 2

Veröffentlicht am 5. April 2022 um 19:52

„[…] lauschen dem Pfeifen des Windes, der ordentlich gegen das Auto schlägt.“

Ja, so haben wir uns das vorgestellt und sind voller Vorfreude ins Bettchen. Aus dem Pfeifen des Windes wurden sturmartige Böen und Schnee. Also haben wir den ersten nächtlichen Umzug unserer Reise angetreten und sind ein bisschen mehr ins Landesinnere nach Ribe, auf einen kostenlosen Stellplatz in Nähe des Stadtzentrums, gefahren. Noch die dicken Schlafsäcke ausgepackt und wohlig eingemummelt konnten wir nun wirklich Schlaf finden.

Am nächsten Morgen wachten wir recht früh auf und entschieden uns für einen kleinen Morgenspaziergang durch das kalte und noch verschlafene Städtchen Ribe aufzustehen, brrr.

 

Ribe ist die älteste Stadt Dänemarks, deren Geschichte bis in die frühe Wikingerzeit zurückreicht. Im Mittelalter wurde es dann eine der wichtigsten Hafenstädte und auch die Kirchen (protestantisch wie katholisch) haben ihre Spuren hinterlassen. Unteranderem gibt es einen Dom und ein Kloster. Bis Mitte des 17. Jahrhunderts war Ribe zudem für ihre Hexenverbrennungen bekannt. Von all diesen Einflüssen sind noch heute kleine Dinge zu erkennen und besonders der mittelalterliche Stadtkern, mit seinen noch gut erhaltenden historischen Gebäuden, ist ein Besuch wert. Dort findet sich auch noch eine kostenlose und gut erklärte Ausgrabungsstelle zu Teilen des alten Klosters.

In der Nähe von Ribe findet man das VikingeCenter. Ein Freilichtmuseum, welches im Sommer mit lebendigen Geschichten durch Darsteller glänzen soll. Aber auch im Winter ist es definitiv ein Besuch wert. Zwar sind die liebevoll nachgebauten Gebäude aus der Wikingerzeit geschlossen, aber kleine Infotafeln helfen bei der Orientierung und glänzen mit kleinen Geschichten zum Leben der Wikinger.

 

Nach einem informativen Tag und einem kleinen Abendessen auf einem Rastplatz geht es also zu einer weiteren Nacht nach Ribe. Am nächsten Morgen wachen wir etwas später auf und werden in der Aufbruchstimmung durch zwei ältere Flensburger unterbrochen, mit denen wir ins Gespräch kommen. Hier konnten wir uns noch einige gute Tipps für Dänemark und Norwegen abstauben und sind mit guten Wünschen weiter in den Norden aufgebrochen.

 

Diesmal stand eine längere Fahrt, durch ein großes Naturschutzgebiet (daher für uns nicht zum wildcampen geeignet) an. Unser erster größerer Stopp ist der Henne Strand. Der erste Eindruck: touristisch, aber tolle Häuser. Dieses Gefühl ließ sich durch unsere Erkundungstour entlang des Strandes und durch die Dünen zurück zum Ortskern auch bestätigen. Der Henne Strand glänzt durch seine schöne Natur und den kleinen Häusern, die sich in die Dünen schmiegen. Einige mit Reetdächern, andere bemoost und wieder andere hochmodern – aber immer stimmig.

Wieder ins Auto und weiter - nun führt uns das Navi zum jüngsten Leuchtturm von Dänemark, den Lyngvig Fyr. Dieser Leuchtturm liegt zwischen der Nordsee und dem Ringkøbing Fjord. An der Küste strandete unter anderem das Dampfschiff Avona. Um weitere Unglücke zu vermeiden, wurde daher 1906 dieser letzte Leuchtturm an der dänischen Nordseeküste errichtet.

Das war vielleicht der letzte Leuchtturm Dänemarks, aber mit Sicherheit nicht der letzte Leuchtturm unseres Tages.  Es ging also weiter, mit einem kurzen Abstecher nach Ringkøbingen und einem kleinen Spaziergang durch die Innenstadt und den Hafen, zum Bovbjerg Fyr. Dieser kleine süße, rote Leuchtturm an einer Steilküste, lädt nicht nur durch sein Aussehen ein – es gibt auch saubere Toiletten mit warmen (!) Wasser. Drumherum gibt es wieder einige geschichtliche Überreste in Form von Bunkern, welche wir aber nur kurz erkunden. Denn wir wollen ja weiter – zum nächsten und letzten Leuchtturm für heute. Kurz vor unserem Schlafplatz finden wir den Grisetåodde Fyr, einen Leuchtturm wie aus dem Bilderbuch – klein, rot- weiß und mit dem Sonnenuntergang über dem Limfjord der perfekte Tagesabschluss.

 

Nach einer ruhigen Nacht am Rande des Fjords machen wir uns wieder auf den Weg in den Norden. Wir wollen das gute Wetter nutzen und eine Wanderung durch den ältesten Nationalparks Dänemarks, den Nationalpark Thy, machen. Dieser wurde 2008 errichtet – ganz schön spät, oder? Kommt uns das nur so vor? Dafür das es der erste Nationalpark ist…

Unsere Wanderung führt uns durch die wunderschönen Dünen, durch kleine Wälder und eine alte Obstplantage und am Meer zurück. Das Wetter ist so schön, dass auch bei einstelliger Gradzahl die Schuhe schnell aus sind und der Strandweg am Meer barfuß genossen wird. Nach einer kleinen Stärkung mit Porridge in den Dünen geht es dann nach Klitmøller, oder auch Cold Hawaii. Leider konnten wir hier keine Surfer beim kalten Baden beobachten, da die Wellen eher seicht gegen den Strand spülten. Ein einziger Surfer und ein paar Kajakfahrer dümpelte im Wasser und guckte etwas betröppelt aufs Meer hinaus.

Unser nächstes Ziel verspricht da schon mehr - Rubjerg Knude Fyr. Dieser Leuchtturm in der großen Wanderdüne hat eine verrückte Geschichte hinter sich. Durch den Landschwund, den die raue Natur der Nordsee mit sich bringt, wurde der Leuchtturm 2019 um etwa 70m weiter in das Landesinnere verschoben um ihn vor seinem Schicksal ins Meer zu stürzen zu bewahren. Diesen Landschwund und seine Folgen konnten wir auch bei unserem Schlafplatz an einer alten Kirche, mit Blick auf den Rubjerg Knude Fyr, deutlich sehen. Dort wo mal eine Kirche stand, sind nur noch alte Grabsteine direkt an dem Rand der Steilküste und ein paar alte Wege die ins Leere führen.

 

Am nächsten Tag besuchen wir eine weitere Wanderdüne – die Råbjerg Mile an der Nordspitze Dänemarks. Hier haben wir zwischenzeitlich das Gefühl mitten in der Sahara zu stehen. Oben an der Dünenspitze zeigt sich dann aber ein großartiger Blick auf die Nordsee und einen Wald, auf der einen Seite und auf die Ostsee und eine surreale Mondlandschaft, auf der anderen Seite. Da es die nächsten Tage sehr regnerisch werden soll, zieht es uns, trotz des fantastischen Ausblicks, schnell weiter nach Skagen zum Grenen. Dies ist der Ort, an dem die Nordsee auf die Ostsee trifft. Wir fanden den Punkt selbst eher mäßig spannend, umso amüsanter war es aber die Leute zu beobachten, die wie wir vorher genau zu diesem Punkt in Scharen pilgern.

Als es sich weiter zuzieht geht es zurück zum Auto. Noch kurz im Windschatten des Autos ein paar Nudelns gekocht und dann mit viel Wind ins Bett und den Gräsern hinter unserer Heckscheibe aus dem Warmen beim Wiegen zugucken. Und tatsächlich am nächsten Morgen wachen wir mit Regen auf und sind dankbar, dass wir vorgeplant haben und uns nun für die nächsten zwei Nächte ein warmes Bettchen, eine heiße Dusche und die Möglichkeit unsere Sachen zu waschen in der gebuchten Unterkunft in Sæby erwartet. Wir werden nach dieser kleinen Pause aber bestimmt nochmal zum nördlichsten Zipfel Dänemarks (Grönland mal ausgenommen 😉 ) zurückkommen und uns die Gegend genauer anschauen.

 

Übrigens die Unterkunft ist einfach aber gemütlich und zu unserem Zweck vollkommend ausreichend. Das Wetter war zwar besser als angesagt, aber so konnten wir immerhin den Tag nutzen und das Auto mal wieder von Sand befreien, ein Brot backen, Sanddorngelee kochen und leckeres Essen im Warmen genießen. Morgen geht es dann wieder auf die Straße – frisch geduscht und voller Erwartung was die nächsten Tage so bringen.

Die kleinen Gassen von Ribe

Die Kirche des VikingeCenter

Die kleinen Häuser von Henne Strand

Die drei Leuchttürme Lyngvif Fyr, Bovbherg Fyr und Grisetåodde Fyr (von oben nach unten)

FunFact:

Die Steilküste zwischen Lønstrup und Løkken besteht aus eiszeitlichen Sandablagerungen von bis zu 50m Höhe. Durch die raue Natur und den damit einhergehenden Erosionen wird sie mit einer Geschwindigkeit von teils mehreren Metern pro Jahr abgetragen. Die Wanderdüne um den Rubjerg Knude Fyr ist Teil dieser Steilküste und einer der größten Wanderdünen Europas. Sie wurde durch den losen Sand der Erosionen der vergangenen Jahrzehnte um weitere 50m aufgehäuft, so dass sie inzwischen bis zu 100m Höhe erreicht.

Råbjerg Mile - faszinierende Landschaften von Sahara bis Mondlandschaft

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Es gibt noch keine Kommentare.