Wenn wir uns Finnland vorgestellt haben, hatten wir immer lange, leere Straßen mit viel Wald drumherum im Kopf. Als wir über die finnische Grenze fuhren, erwartete uns tatsächlich genau das. Wir fuhren durch weite Wälder, waren ziemlich alleine auf den Straßen unterwegs und diese zogen sich recht gerade durch das Land – so schnell hatten wir das nicht erwartet, immerhin befinden wir uns in Lappland, da dachten wir wäre es dann doch noch ein bisschen karger. Beschweren wollen wir uns aber mit Sicherheit nicht – auch wenn die finnischen Mücken schon auf uns warten.
Wir suchen uns für unsere erste Nacht einfach einen Platz auf einem Wanderparkplatz und genießen die erste Nacht mit der Musik des Waldes und des Flusses im Ohr.
Am nächsten Morgen genießen wir die ersten Sonnenstrahlen, hängen unser Zelt zum trocknen auf und frühstücken erstmal in Ruhe. Dabei begegnen wir schon den ersten Anglern im Karo-Hemd – wie wir später feststellen scheinbar ein Pflichtoutfit für den finnischen Fischer.
Danach machen wir uns auf den Weg zur „Wilderness Church“. Diese kleine Holzkirche ist nur zu erwandern (Nur eine kleine Wanderung – 4,5km!) und einen Abstecher absolut wert.
Die Einödkirche gehört zu den ältesten Gebäuden Nordlapplands und wurde damals, nach der Christianisierung der samischen Bevölkerung, in einem der Winterdörfer errichtet, dem Dorf Pielpajärvi. Hier kamen die Samen zur Winterzeit zusammen um zu handeln und ihre Angelegenheiten zu regeln. Ein Friedhof hat die Kirche im übrigen nicht, da es Tradition war die Verstorbenen auf Inseln des Inarisees zu bestatten. Nachdem die Samen ihr Normadentum aufgaben und im Dorf Inari sesshaft wurden, verlor auch die Kirche ihre Bedeutung. Erst als bei einem sowjetischen Bombenangriff die Kirche von Inari zerstört wurde, nahm man die alte Kirche bis zur Beendigung des Wiederaufbaus zurück in Betrieb. Die Einödkirche wird nun noch für Gottesdienst zu Mittsommer und Karsamstag, sowie Trauungen genutzt. Wir konnten uns kaum einen schöneren Ort für eine Hochzeit vorstellen, als die kleine, einfache aber hübsche Holzkirche mit ihrem weißen Innenraum, haben gleichzeitig aber auch einfach nicht das Bild der Braut mit weißem Prinzessinnenkleid und verdreckten Wanderschuhe aus dem Kopf bekommen. 😉
Auf der Wanderung finden wir auch unsere ersten finnischen Beeren. Zwar sind die Blaubeeren noch nicht reif, dafür die Moltebeeren. Einen Abend vorher noch darüber gesprochen und uns eingelesen, konnten wir nun eine ganze Dose voll pflücken, welche wir nach ein paar Tagen nachreifen zu einem leckeren Beitrag fürs Frühstück eingekocht haben.
Nach dieser kleinen Tour machen wir uns auf den Weg zu unserem nächsten Stellplatz, ihr werdet bald sehen – in Finnland gehen wir es gemütlicher an und genießen das abschalten und die Ruhe in der Natur, ohne viel Action. Die Zeit genießen und das Erlebte verarbeitet ist die Devise. Der Stellplatz überrascht uns ziemlich, ist aber noch einer der einfachen, „weniger schönen“ Stellplätze – was einfach daran liegt, dass Finnland einfach unglaublich viele traumhaft schöne und voll ausgestattete Plätze bietet.
Dieser hier lag weniger idyllisch, mitten im Nirgendwo in einer Art Sanddüne und hatte „nur“ eine kleine Feuerstelle mit einer überdachten Sitzmöglichkeit – im finnischen übrigens „Laavu“.
Wir haben eine sehr ruhige Nacht dort verbringen können und sind zu unserem ersten Nationalpark in Finnland gefahren, um dort eine kleine Runde zu wandern. Der Ukko Kekkonen Nationalpark ist, wie wir später feststellen durften wie fast alle Nationalparks, mit kleinen und größeren gut ausgeschilderten Touren ausgestattet, was aber nicht bedeuten soll, dass man dort nicht auch mehrere Tage auf eigene Faust und mit Karte und Kompass wandern kann. Es gibt eine schöne Mischung für alle, etwas was uns besonders in Norwegen teils gefehlt hat.
Nachdem wir uns dort dann ein bisschen die Beine vertreten haben, ging es nach einem kurzen Einkauf, zu unserem nächsten Stellplatz, welcher zum Glück gerade außerhalb des Militärgebiets liegt, welches großflächig in den letzten Jahren errichtet wurde. Wir befinden uns nach einer längeren Fahrt über Schotterweg wieder mitten im Nirgendwo an einem See – und was findet man dort? Ein Laavu, wir erinnern uns – Feuerstelle und Überdachung, ist natürlich vor Ort, gleichzeitig aber noch ein Schuppen voller Feuerholz an dem man sich bedienen darf und einer sauberen Komposttoilette – was will man mehr? Wir schmeißen ein Feuer an und genießen unser Abendessen. Zwischendurch kommen noch zwei Finnen die angeln gehen, natürlich mit Karo-Hemd und danach sind wir wieder alleine mitten in der Natur.
Zwei Dinge fallen uns dort schon zu Finnland auf – die Natur wird genutzt und geschätzt und das Jedermannsrecht ist noch ausgeprägter als in Schweden und Norwegen. Alleine die Laavus, die Feuerholzvorräte und die Toiletten an jeder Ecke und den schönsten Orten machen den Zugang zum Aufenthalt in der Natur unglaublich einfach. Viele nutzen den Abend oder ihre Ferien und verbringen ihre Freizeit mit Familie oder Freunden genau so – kostenlos und einfach, aber mit allem was man braucht in der Natur. Teilweise mit Zelt, Wohnmobil oder Wohnwagen. Es gibt sogar extra Parkplätze an manchen Laavus an dem offiziell Wohnwagen abgestellt werden dürfen. Einfach beneidenswert und traumhaft für jeden Camper.
Das zweite was uns schnell aufgefallen ist, die Finnen sind recht pragmatisch – auch in ihrer Klamottenwahl. Da wird halt einfach das angezogen was gerade praktisch ist und es ist egal, wenn es nicht unbedingt zusammen passt – besonders wenn man in der Natur unterwegs ist – sehr sympathisch finden wir.
Allgemein ist uns Eindruck von Finnland schon, dass es sich ziemlich zu unseren bisherigen Reisezielen unterscheidet. Man findet zwar auch die „skandinavische Heile-Welt“ mit ihrer weiten Natur, den bunten Holzhäusern auf dem Land und in den Küstenstädtchen, gleichzeitig hat man aber auch „Ostblock-Charme“. Es gibt Plattenbauten, pragmatische statt schöne Bauweise und oftmals ein ziemlich abgerocktes Erscheinungsbild. Und auch bei den Menschen erkennt man diesen Unterschied. Während wir in den skandinavischen Ländern eher die gut angezogenen, durchgestylten oder sehr schlichte Typen gesehen haben, findet man in Finnland direkt die alternative Szene. Man hat lange und/oder bunte Haare, trägt Rock- und Metalshirts oder einfach alles durcheinander. Es wird geraucht, in der Natur Dosenbier getrunken , die Kinder sieht man häufig mit Chips und der ein oder andere sieht auch etwas fertig aus. Irgendwie wieder „normale“ Welt, nach dem vorbildlichen Skandinaviern. Wir mögen es auf jeden Fall!
Aber zurück zu unserer Erkundungstour Finnlands. Wir haben wieder eine ruhige Nacht verbracht und sind gespannt, welche Stellplätze uns noch erwarten. Aber erstmal geht es für uns nach Rovaniemi.
Hier ist erstmal der Besuch im Waschsalon angesagt, denn alles, inklusive uns, braucht dringend eine ordentliche Wäsche und dort können wir auch duschen. Sauber duftend können wir dann auch das Highlight von Rovaniemi besuchen. Das Weihnachtsdorf! Richtig gehört – Weihnachtsdorf, denn dort am Polarkreis in Finnland wohnt der Weihnachtsmann mit seinen Wichteln. Den Weihnachtsmann selbst besuchen wir zwar nicht, aber wir erkunden das Dorf und verschicken Postkarten aus dem Wichtelpoststation – und das Ganze bei 29 Grad. Der Sommer ist kurzzeitig wieder bei uns angekommen!
Danach suchen wir uns wieder einen Stellplatz, der erste ist schon mit einer finnischen Familie plus Wohnwagen besetzt, da wollen wir uns dann doch nicht dazu stellen – der zweite in der Nähe ist aber noch besser (wie immer komplett ausgestattet) .
Wir nutzen die Sonne und waschen noch unsere Wollklamotten per Hand und schmeißen ein Feuer an. Nach einiger Zeit kommt noch ein finnischer Radfahrer hinzu, welcher uns gleichzeitig noch den guten Tipp der finnischen Wetterbehörde (FMI – einfach googlen) gibt. Hier ist es ganz einfach nachzusehen ob für die jeweilige Region eine Gefahrenmeldung ausgerufen ist, wie beispielsweise Waldbrandgefahr – dann dürfen nämlich auch die offiziellen Feuerstellen nicht genutzt werden. Wir hatten während unserer gesamten Zeit in Finnland nie diese Meldung in unserer Region, haben gegen Ende trotzdem aufs Feuer verzichtet, da es uns persönlich zu trocken war. Also gesunden Menschenverstand bitte trotzdem einschalten!
Da es am nächsten Tag immer wieder gewittert und einige Schauer gibt, bleiben wir an diesem Schlafplatz und nutzen die Trockenphasen um unser Auto schon etwas umzuräumen und nochmal ordentlich zu putzen. Abends gibt’s dann noch ein kleines Abendessen plus Feuer gegen die Mücken (hilft wirklich ganz gut).
Am nächsten Morgen sieht es schon wieder besser aus und wir fahren weiter. Erstmal steht ein Lidlbesuch an – die haben 20l Kanister und wir haben durch das warme Wetter erhöhten Wasserverbrauch. Die Qualität sieht ganz gut aus und wir schlagen zu. Nachdem alle Wasservorräte dann wieder gefüllt wurden, geht es direkt zum nächsten Stellplatz. Wieder ein Laavu, wieder mit allem diesmal inklusive Picknickbank, direkt am See im Wald. Auch hier kochen wir unser Essen wieder mit Feuer und werden nur kurz vom Regenschauer unterbrochen. Da der nächste Tag erneut verregnet ist, verbringen wir einen weiteren entspannten Tag an diesem Platz – ich hab ja schon vorgewarnt, in Finnland sind wir was fauler unterwegs.😉
Aber das Warten hat sich gelohnt. Wir können die Picknickbank nutzen und starten mit neuem Elan, bei einem Frühstück in der Sonne, in den Tag.
Heute fahren wir nur ein kurzes Stück weiter in den Nationalpark um die Ecke. Hier im Hossa Nationalpark findet man nämlich bei einer kleinen Wanderung Felsmalerei. Diese Felsmalerei unterscheidet sich deutlich von den restlichen rund 100 Felsmalereien, welche alle 3.300 bis 7.000 Jahre alt sind. In dieser Felsmalerei, welche auf Grund ihrer Lage an einer Steilküste direkt am See vermutlich vom Boot aus gemalt wurde, sind selbst keine Boote zu erkennen. Boote sind sonst eine sehr typische Abbildung. Hier finden wir nun aber verschiedene Figuren mit dreieckigen Köpfen und Tiere. Bei der Deutung sind sich die Forscher noch recht uneinig.
Aber nicht nur die Felsmalerei an sich, auch die kurze Wanderung durch den Hossa Nationalpark mit seinem Wald und Seen ist definitiv lohnenswert. Wir fahren weiter und landen an einem kleinen See, an dem wir die restlichen Sonne mit einer Wassermelone genießen und wieder das Feuer fürs Abendessen anschmeißen.
Nun ruft uns der bekannteste Berg Finnlands – der Koli. Mit seinen Gipfeln Ukko-Koli und Akka-Koli, welche nach heidnischen Göttern benannt wurden, bietet er nicht nur ein beliebtes Ausflugsziel für Familien und Wandermöglichkeiten in jeder Länge, sondern auch eine der berühmtesten Aussichten Finnlands. Die Aussicht auf die umgebende Seenlandschaft ist nicht umsonst die Inspirationsquelle vieler Künstler. Aber nicht nur in der heutigen Zeit hat dieser Berg eine besondere Bedeutung für Finnland. Schon in der Steinzeit bot dieser Berg Lebensraum für Menschen. In der vorchristlichen Zeit glaubten die Menschen auf dem Berg wohnen mächtige Geister, und Opfer- und Kultstätten wurden an den Hängen eingerichtet. Später fanden dann Gerichtsverhandlung auf dem Berg statt, bei denen Verurteilte in den Abgrund gestürzt wurden.
Wir begegnen zum Glück weder Geist noch Verbrecher und genießen unsere Wanderung besonders, da es Unmengen an leckeren Blaubeeren und ab und an auch leckeren Walderdbeeren gibt. Für das leibliche Wohl ist also gesorgt!
Wie so häufig in Finnland, treffen wir pünktlich zum Regen am Auto an und machen uns auf den Weg zu unserem nächsten Stellplatz – wieder am See, wieder voll ausgestattet. Hier wird der kommende Morgen mit frisch gepflückten Blaubeeren gestartet, besser geht es ja kaum. Danach geht es Richtung Koloves Nationalpark. Dieser besteht aus einer riesigen Seenlandschaft und ist am besten per Kanu erkundbar. Auch hier findet man wohl wieder Felszeichnungen. Gleichzeitig leben hier eine der wenigen Süßwasserrobben, die Saaima Ringelrobben. Diese zu Gesicht zu bekommen bedarf es aber viel Glück, da die Population leider recht gering ist und sie zu einer der bedrohtesten Robbenart gehört.
Da wir leider kein Kanu an Bord haben, geht es für uns einen kleinen Naturlehrpfad entlang. Quer durch den Wald und immer mal wieder ein kurzer Blick auf ein Teil des riesigen Seenlabyrinths. Wir genießen die Natur und vermerken in unseren Köpfen, hier muss man nochmal mit einem Kanu wiederkommen. Bei der Weiterfahrt entdecken wir noch die Olafsborg, eine gut erhaltene Festung im Wasser vor Savonlinna. Nach diesem kurzen Abstecher, billigen tanken (2,12€ Schnäppchen!) und dem Einkaufen von finnischen Mückenspray – jetzt sind wir gewappnet – geht es zum nächsten Schlafplatz, mitten im Wald.
Wir befinden uns nun kurz vor unseren ersten Städtetour in Finnland (das Weihnachtsdorf mal ausgenommen) und sind sehr gespannt.
Nach dem Frühstück geht es für uns nach Porvoo. Wir haben gehört dort gibt es viel alte, bunte Holzhäuser und wir werden nicht enttäuscht. An einem Hang gelegen und unten ein kleiner Fluss langfließend liegt Porvoo. Die Häuschen sind in guten Zustand und in unterschiedlichen pastelligen Farben gestrichen und so ziehen wir fröhlich, und bei besten Wetter, durch die Kopfsteinpflastergassen und genießen die Atmosphäre. Wir haben so richtig das Gefühl von Sommerurlaub, daher gönnen wir uns auch ein Eis und gucken den Leuten beim schlendern über den Marktplatz zu.
Gegen Nachmittag fahren wir dann weiter und landen an einem Stellplatz direkt am Meer. Wir sind zwar nicht alleine, aber die Camper verteilen sich gut im Fichtenwäldchen und wir finden einen kleinen Strand, ganz für uns alleine.
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